Essstörungen sind "typisch weiblich"?
Essstörungen sind "typisch weiblich"?

Essstörungen wie Anorexie und Bulimie kommen wesentlich häufiger beim weiblichen als beim männlichen Geschlecht vor. Das geringe Vorkommen führt dazu, dass Essstörungen als „typisch weiblich“ betrachtet und von Angehörigen und Ärzten bei männlichen Betroffenen häufig übersehen, spät bemerkt und entsprechend selten behandelt werden.

Essstörungen treten bei Jungen und Männern häufig im Zusammenhang mit körperlichem Training und bestimmten Sportarten auf, bei denen Gewichtsklassen und -kontrolle eine wichtige Rolle spielen. Manche machen sich auch vor, lediglich durchtrainiert und fit sein zu wollen.

Ähnlich wie Frauen orientieren sich heutzutage auch viele Männer an den gängigen Schönheitsidealen, vergleichen sich damit und stellen fest, dass sie ihnen nicht entsprechen. Für Jungen und Männer bedeutet dies, Muskeln aufzubauen und Fett abzubauen. Dazu werden auch Mittel eingesetzt, die dem Körper schaden, wie etwa hungern, Diät- und Abführmittel oder Anabolika und extrem trainieren.

Die Symptomatik von Essstörungen ist bei Männern ähnlich wie bei Frauen. Allerdings wurden einerseits ein günstigerer Krankheitsverlauf und bessere Gesundungsraten, andererseits eine höhere Sterberate bei Männern im Vergleich zu Frauen bemerkt. Als gesichert gilt jedoch, dass essgestörte Männer häufig komorbide Krankheiten wie Depressionen, Ängste und Substanzmissbrauch aufweisen.

Zudem geben sie sich von sich aus nur selten in eine Psychotherapie oder eine andere Behandlung. Befragte Patienten empfanden Scham, wenn sie zugeben mussten, dass etwas mit ihnen nicht stimmte. Außerdem nagte es an ihrem Männlichkeitsgefühl, dass sie unter einer ‚Frauenkrankheit‘ litten.

Eine geschlechtsspezifische Behandlung für diese Männer lehnen die meisten Experten ab. Trotzdem sollten die Interventionen in bestimmten Bereichen auf Männer zugeschnitten werden, um ihnen ihre Hemmungen und Schamgefühle zu nehmen. Hierzu sind z.B. Gruppentherapien zu empfehlen, in denen Männer unter sich bleiben können. Außerdem sollte berücksichtigt werden, dass Essstörungen und ihre Behandlung für Männer teilweise mit anderen Themen und Bedürfnissen verbunden sind als für Frauen. (Quelle:aerzteblatt.de)